Arbeiten, ohne auszubrennen – mentale Gesundheit in der Arbeitswelt 4.0

Trotz steigender Sensibilität wird die mentale Gesundheit bei vielen Arbeitnehmenden weiterhin stark belastet. Überstunden, ständige Erreichbarkeit, Personalmangel und die Anforderungen digitaler Tools führen zu chronischem Stress. Burnout ist längst keine Ausnahme mehr, sondern für viele ein reales Risiko – auch bei der Arbeit im Homeoffice oder in hybriden Arbeitsmodellen, wo die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen.

Insgesamt hat sich die Zahl der Krankheitstage wegen psychischer Belastung in den letzten Jahren drastisch erhöht1. Teams arbeiten am Limit, Führungskräfte sind überfordert, und viele Beschäftigte fühlen sich alleingelassen. Gleichzeitig fehlt es Maßnahmen gegenzusteuern. Aber es tut sich etwas. Immer mehr Unternehmen erkennen: Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz ist kein privates Problem – sie ist Führungsaufgabe und Teil der Arbeitsplatzgestaltung und Unternehmenskultur.

1. Neue Arbeitsmodelle
Mitarbeitende profitieren davon, im Einklang mit ihrem Biorhythmus und Privatleben zu arbeiten. Dafür bieten sich flexiblere Arbeitsmodelle, wie Chronoworking oder die 4-Tage-Woche, aber auch die Arbeit in Gleitzeit an2. Mitarbeitende können ihre Arbeitszeiten so freier einteilen und selbstbestimmter arbeiten. Das fördert nicht nur die Konzentration und Energie, sondern reduziert auch krankheitsbedingte Ausfälle. Unternehmen profitieren also von höherer Produktivität, während Mitarbeitende oft mehr Balance und Zufriedenheit erleben.

2. Mikropausen & Deep-Work
Gezielte Konzentrationsphasen (Deep Work) kombiniert mit kurzen Erholungspausen, z. B. nach dem 90:20-Modell, können helfen, das Gehirn zu entlasten und Fokus zu bewahren. Das 90:20 Modell ist ein Arbeitsrhythmus-Konzept, bei dem man 90 Minuten konzentriert arbeitet, gefolgt von einer 20-minütigen bewussten Pause, um die kognitive Leistungsfähigkeit zu erhalten und mentaler Erschöpfung vorzubeugen. Diese Art der Arbeit kann Fehler reduzieren und die Effizienz steigern. So fühlen sich Mitarbeitende weniger erschöpft und sind entsprechend auch langfristig leistungsfähiger.

3. Psychosoziale Sicherheit & Fehlerkultur
In Teams, wo Fehler erlaubt sind, konstruktives Feedback geübt wird und allgemein Offenheit erwünscht ist, entstehen Vertrauen und Resilienz, sowie die sogenannte psychosoziale Sicherheit. Dadurch können Mitarbeitende Herausforderungen besser bewältigen und stehen weniger unter Druck, alles von Beginn an fehlerfrei und ohne Unterstützung können zu müssen. Das nimmt Stress und öffnet den Freiraum, sich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig fördert es die Zusammenarbeit im Team. Innovativeres Denken und loyale Mitarbeitende sind die Folge.

4. Support & mentale Erste Hilfe im Team
Kollegiale Ansprechpersonen, Schulungen in „mentaler Erste-Hilfe“ sowie regelmäßige Check-ins können für konkrete Unterstützung im Alltag sorgen. Belastungen können so frühzeitig erkannt und minimiert werden. Dadurch werden Mitarbeitende gestärkt, fühlen sich zufriedener und mehr wertgeschätzt. Das fördert nicht nur die Teamkultur, sondern reduziert auch Ausfälle und Fluktuation der Mitarbeitenden3,4.

Die Arbeitswelt verändert sich – und mit ihr die Bedürfnisse der Menschen. Echte Wertschätzung, psychosoziale Sicherheit und Raum für persönliche Entwicklung, bringen Mitarbeitenden mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden und fördern langfristige Produktivität, Innovation und Engagement im Unternehmen.

Unternehmen, die das erkennen, werden langfristig profitieren. Doch es braucht ein Zusammenspiel: Während Arbeitgeber gesundheitsförderliche Arbeitsplätze und eine nachhaltige Arbeitskultur schaffen, sollten Mitarbeitende ihre eigenen Fähigkeiten, Ressourcen und Grenzen kennen und nutzen – und die Team- und Unternehmenskultur aktiv mitgestalten.

Für Unternehmen & Führungskräfte:

  1. Regelmäßige Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchführen.
  2. Schulungen zu Führung und mentaler Gesundheit anbieten.
  3. Flexible Arbeitszeiten & Homeoffice-Möglichkeiten etablieren.
  4. Ruhe- & Rückzugsräume im Büro schaffen.
  5. Zugang zu externer arbeitspsychologischer Beratung ermöglichen.

Für Mitarbeitende:

  1. Tägliche Mikropausen aktiv einplanen (z. B. Pomodoro-Technik).
  2. Klar kommunizieren, wann man erreichbar ist – und wann nicht.
  3. Eigene Grenzen bewusst machen, klar setzen und berücksichtigen
  4. Angebote wie Weiterbildungen zu Gesundheitsthemen nutzen.
  5. Kollegiale Unterstützung suchen, wenn Überforderung/Überlastung droht

Tipp: Nutzen Sie auch professionelle Angebote wie psychologische Gefährdungsbeurteilungen oder arbeitspsychologische Beratung – für sich persönlich, Ihr Team oder Unternehmen. Der Weg zu mehr mentaler Gesundheit am Arbeitsplatz beginnt mit Austausch und Verständnis.

An ounce of prevention is worth a pound of cure.

Benjamin Franklin

Quellen:

  1. DAK-Gesundheit. (2024). Psychreport 2024: Psychische Erkrankungen bei Beschäftigten – Entwicklungen, Belastungen, Lösungsansätze. DAK-Gesundheit. https://www.dak.de/dak/unternehmen/reporte-forschung/psychreport-2024_57364 ↩︎
  2. Welt. (2025, März 8). Innere Uhr statt 9 to 5 – so funktioniert das Arbeitsmodell „Chronoworking“. https://www.welt.de/253339178 ↩︎
  3. EU-OSHA. (2012). Social support in the workplace. European Agency for Safety and Health at Work. https://oshwiki.osha.europa.eu/en/themes/social-support-workplace ↩︎
  4. Zhang, X., Li, L., Chen, Y., Wang, Y., & Liu, H. (2024). Impact of workplace social support on nurses’ mental health and job performance: A cross-sectional study in public hospitals. Frontiers in Public Health, 12, 1393024. https://doi.org/10.3389/fpubh.2024.1393024 ↩︎

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