Wenn Worte stressen – die unterschätzte Macht der Kommunikation

 „Hast Du meine Nachricht nicht erhalten?“ – „das Meeting wurde abgesagt, hat Ihnen niemand Bescheid gegeben?!“, „oh, das habe ich anders verstanden.“

Den ein oder anderen Satz hast du wahrscheinlich selbst schon gehört oder gesagt. Unklare Kommunikation ist leider keine Seltenheit. Und obwohl wir heutzutage besser vernetzt sind als je zuvor – quasi ständig erreichbar – scheint die Kommunikation nicht unbedingt besser zu sein, manchmal sogar eher schlechter. Das könnte unter anderem mit der Verwendung von Kommunikationstechnologien zusammenhängen1. Kommunizieren wir via kurzen Textnachrichten werden Inhalte schneller missverstanden als zum Beispiel bei persönlicher Kommunikation, via Video-Call oder face-to-face.

Aber nicht nur die Wahl des Kommunikationsweges spielt eine entscheidende Rolle, auch der Eindruck, jederzeit nochmal kurz Rücksprache halten zu können, kann unsere initiale Kommunikation schwächen, da wir unsere persönlichen Abstimmungen vielleicht kürzer halten oder ganz auslassen – man kann ja auch kurz eine E-Mail schreiben.

Das Potenzial für Missverständnisse ist in textbasierter Kommunikation höher als zum Beispiel in einem persönlichen Austausch, denn Kommunikation passiert auf verschiedenen Ebenen:  

  • verbal – ein gesprochenes Wort, eine Textnachricht oder E-Mail
  • nonverbal – Körpersprache, Gestik oder Mimik
  • paraverbal – Lautstärke, Tonfall oder Sprachtempo

Vor allem die non-verbale und paraverbale Ebene fehlen bei der textbasierten Kommunikation. Daher ist es hier umso wichtiger, auf eine klare verbale Kommunikation zu achten und sich an die Grundregeln für gute Kommunikation zu halten.

1. Klarheit und Präzision: eine klare, einfache Wortwahl und sachliche Beschreibung des Anliegens bilden die Basis von guter Kommunikation. Eine dem Anliegen angemessene Körpersprache, Mimik und Tonfall können die Übermittlung der Nachricht unterstützen.

2. Perspektive verstehen: um Missverständnisse zu vermeiden und eine gute Kommunikation zu gewährleisten, ist es förderlich, die Perspektive des Gegenübers in Betracht zu ziehen und zu versuchen zu verstehen, wie die eigenen Aussagen wahrgenommen werden.

3. Aktives Zuhören: damit beide Gesprächsparteien die Perspektive ihres Gegenübers besser verstehen, kann „aktives Zuhören“ helfen. Aktives Zuhören bedeutet dabei, zu spiegeln, was man von dem Gesagten/Geschriebenen verstanden hat, indem man zum Beispiel in der Antwort, die Aussage wiederholt.

Beispiel:

  • A: „Ohje, Anna hat mir erst jetzt, kurz vor der Abgabe, Rückmeldung zum Kundenbericht gegeben. Jetzt bleibt kaum Zeit, alles ordentlich anzupassen!“
  • B: „Ich kann verstehen, wie frustrierend das ist und dass Du gerne mehr Zeit für die Änderungen gehabt hättest. Kann ich Dich irgendwie unterstützen, das noch rechtzeitig zu schaffen?“
  • A: „Ja, das wäre super, danke – vielleicht könntest Du Teil B gegenlesen? Der Bericht soll bis 14 Uhr fertig sein.“

4. Feedback geben: ähnlich wie das aktive Zuhören, kann Feedback dazu beitragen, Missverständnisse zu vermeiden. Feedback – also eine Rückmeldung an unser Gegenüber, wie wir den Dialog wahrgenommen haben bzw. auch, was uns gefehlt hat oder wir uns gewünscht hätten – eröffnet die Möglichkeit für ein besseres gegenseitiges Verständnis und eine zufriedenstellende Kommunikation in der Zukunft. Wichtig ist hier natürlich, einen respektvollen Ton zu wahren und Feedback in angemessener und konstruktiver Art und Weise zu übermitteln.

5. Geeignetes Medium wählen: wie bereits erwähnt, spielt die Wahl des Kommunikationsmediums eine wichtige Rolle. Hier kommt es darauf an, für unterschiedliche Inhalte, Gesprächstypen und GesprächspartnerInnen, ein geeignetes Medium zu finden. Bei der Wahl des Mediums sollten vor allem folgende Aspekte beachtet werden:

  • Komplexität der Nachricht
  • Dringlichkeit der Nachricht und Antwort darauf
  • Anzahl und Art des Empfängers
  • Vertraulichkeit und Relevanz des Inhalts

1. Formelle Kommunikation, detaillierte Dokumentation erforderlich, zeitlich asynchroner Austausch.

  • Geeignetes Medium: E-Mail
    • Vorteil: Dauerhafte Aufzeichnung, Flexibilität, einfach, um größere Gruppen zu erreichen. 
    • Nachteil: Verzögerte Antworten, mögliche Fehlinterpretationen ohne nonverbale Hinweise.

2. Schnelle, informelle oder zeitkritische Diskussionen und Fragestellungen ohne besondere Vertraulichkeit oder Sensibilität.

  • Geeignetes Medium: Kurznachrichten (Chatfunktionen wie Teams, Slack, Skype, o.Ä.)
    • Vorteile: Interaktion in Echtzeit, einfach zu organisieren.
    • Nachteil: Unterbrechungen, mögliche Informationsüberflutung.

3. Kontextreiche Kommunikation, Input mehrerer Parteien benötigt, komplexe Fragestellungen, vertrauliche oder sensible Inhalte.

  • Geeignetes Medium: persönliche Besprechung oder ggf. Videokonferenz
    • Vorteil: verbale und nonverbale Hinweise, fördert das Engagement, unmittelbar und persönlich.
    • Nachteil: zeitaufwendig, nicht unbedingt zeitnah möglich, ggf. „Zoom-Müdigkeit“, technologische Barrieren.

Dass klare Kommunikation heute wichtiger ist, denn je zeigt sich in den vielen negativen Folgen, die unzureichende Kommunikation und Missverständnisse mit sich bringen können. Diese können durch die Nutzung von digitalen Kommunikationstechnologien begünstigt werden.

1. Produktivitätsverluste – wenn klare Anweisungen, Updates oder Aufgabenzuweisungen fehlen, erhöht sich die Fehlerquote und die Arbeit wird weniger effizient durchgeführt. Dadurch kann die Produktivität des Einzelnen oder auch des Teams sinken.

2. Fehlendes Engagement – Unklarheit kann außerdem die Bereitschaft einer einzelnen Person, sich einzubringen und sich Mühe dabei zu geben, beeinträchtigen. Vermehrte Unzufriedenheit unter Mitarbeitenden und sogar Jobwechsel können weitere Folgen daraus sein.

3. Häufigere Konflikte – eines der offensichtlicheren negativen Folgen von Misskommunikation sind Konflikte. Sie können schnell aus unverständlichen bzw. missverständlichen Nachrichten entstehen und das Teamgefühl und Vertrauen untereinander stören.

4. Stress – eine weitere, nicht zu vergessende Folge von Fehlkommunikation ist Stress. Stress, der aus Ungewissheit und Unsicherheit entsteht aber auch solcher, der durch entstandene Konflikte und Produktivitätsverluste hervorgerufen wird. Daher spielt eine gute Kommunikation auch eine wichtige Rolle für die Arbeitsgesundheit und Resilienz von Arbeitnehmenden.

Gerade auf Unternehmensebene aber auch privat, ist unzureichende Kommunikation oft eine Quelle von Stress, die sich einschleicht und oftmals unbemerkt bleibt. Aber wie entsteht dieser Stress eigentlich?

1. Ambiguität und Unsicherheit

Wenn Informationen unvollständig, missverständlich oder nicht rechtzeitig übermittelt werden, entsteht Unsicherheit. Mitarbeitende oder Beteiligte wissen dann nicht genau, was von ihnen erwartet wird, welche Prioritäten gelten oder wie sie ihre Aufgaben erfolgreich bewältigen können. Diese Unsicherheit aktiviert das Stresssystem, da sie als Bedrohung für Kontrolle und Vorhersehbarkeit empfunden wird. 

2. Verlust von Kontrolle und Autonomie

Klare Kommunikation ist essenziell, damit Menschen ihre Rolle verstehen und ihre Aufgaben autonom erfüllen können. Fehlende oder unzureichende Kommunikation kann zu einem Gefühl von Kontrollverlust und Hilflosigkeit führen, was die Wahrnehmung von Stress verstärkt2.

3. Erhöhte kognitive Belastung

Missverständnisse oder der Mangel an klarer Kommunikation führen oft dazu, dass Betroffene zusätzlichen mentalen Aufwand betreiben müssen, um Lücken zu schließen oder Missverständnisse aufzuklären. Dieser zusätzliche Aufwand nimmt viele kognitive Ressourcen in Anspruch und trägt so zu mentaler Erschöpfung bei2.

1. Verwenden von Ich-Botschaften: wenn wir uns in der Kommunikation auf unsere eigene Wahrnehmung, unsere Gefühle und Sichtweisen beziehen, kann unser Gegenüber diese Aussagen besser aufnehmen. Vor allem, wenn es um Feedback oder Konfliktgespräche geht, ist es wichtig, nicht mit Aussagen wie „Du solltest eigentlich …“ oder „das war Deine Verantwortung“ unser Gegenüber zu beschuldigen. Du-Botschaften werden häufig als persönliche Kritik verstanden, was dazu führen kann, dass sich die beschuldigte Person zurückzieht bzw. in eine Art Abwehrhaltung begibt. Dies hindert die Kommunikation, da das Gegenüber nun nicht mehr offen für die Aussagen ist, die Du eigentlich übermitteln wolltest. Wenn wir aber aus unserer Perspektive kommunizieren – „ich habe es so verstanden, dass …“ oder „ich habe das Gefühl, dass …“ dann drängen wir unser Gegenüber nicht in die Abwehrhaltung und er oder sie können uns besser zuhören und tatsächlich verstehen, was wir ausdrücken möchten.

2. Absolutismen vermeiden: ein weiterer sprachlicher Aspekt, welchen wir für eine gelungene Kommunikation besser vermeiden sollten, ist die Verwendung von Absolutismen: „Du bist immer zu spät“, „Du hörst nie richtig zu“, usw. Wie auch die Du-Botschaften, können Absolutismen in unserem Gegenüber eine Abwehrhaltung hervorrufen, welche dann die weitere Kommunikation und das gegenseitige Verständnis hindert.

Häufige Absolutismen, die Du besser weglassen solltest:

  • Immer
  • Nie
  • Alle
  • Niemand
  • Vollständig/absolut
  • Unmöglich
  • Nichts

3. Freundlicher Ton: egal wie sehr uns gerade etwas verärgert oder wie eilig wir es haben, einen freundlichen Umgangston (auch via Textnachricht) zu wählen, kann einen großen Unterschied machen. Wenn wir freundlich und respektvoll kommunizieren, kommen unsere Nachrichten besser an, denn unser Gegenüber kann hier offen und in Ruhe zuhören und verstehen, während unser Gegenüber bei einem schroffen Umgangston schneller eine abwehrende, sich selbst schützende Haltung einnimmt.

Festhalten lässt sich also: klare, offene und freundliche Kommunikation ist entscheidend, um Stress zu vermeiden und ein gesundes, kooperatives Arbeitsumfeld zu schaffen.  

Du möchtest weitere praktische Stressmanagement-Methoden lernen? Melde Dich gerne für meinen Präventionskurs „Stressbewältigung im Alltag“ an.

The single biggest problem in communication is the illusion that it has taken place.

George Bernard Shaw

Quellen:

  1. Byron, K. (2008). Carrying too heavy a load? The communication and miscommunication of emotion by email. Academy of Management Review, 33(2), 309–327. https://doi.org/10.5465/amr.2008.31193163 ↩︎
  2. Trinet. (2023). Causes and effects of poor communication in the workplace. Trinet.com https://www.trinet.com/insights/poor-communication ↩︎
  3. Trinet. (2023). Causes and effects of poor communication in the workplace. Trinet.com https://www.trinet.com/insights/poor-communication ↩︎

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