Reizüberflutung – 7 Tipps für Konzentration und mentale Klarheit

Der Kopf fühlt sich voll an, die Konzentration sinkt und das Gedächtnis scheint irgendwie blockiert. Kennst du das?

Dieses Phänomen nennt sich Reizüberflutung – ein Zustand, der in unserer heutigen Arbeitswelt immer häufiger vorkommt und der sowohl unsere Leistungsfähigkeit als auch die mentale Gesundheit spürbar beeinträchtigen kann.

Reizüberflutung ist mehr als nur ein „Zuviel an Eindrücken“. Es ist eine reale Überforderung unseres Gehirns, die entsteht, wenn das Gehirn mit mehr Sinneseindrücken, Informationen und Aufgaben konfrontiert wird, als es in diesem Moment verarbeiten kann. Insbesondere das sogenannte Arbeitsgedächtnis, ist in solchen Momenten überlastet, da zu viele Informationen gleichzeitig im Bewusstsein ankommen. Das beeinträchtigt unser Denken, Fühlen und Handeln und verursacht Stress.

Früher waren Sinneseindrücke meist physischer Natur. Heute sind es vor allem digitale Informationsströme und ständige Erreichbarkeit, die unser Nervensystem belasten. Dabei gibt es einige Faktoren, die das Auftreten von Reizüberflutung typischerweise verstärken, wie z.B.:

  • Multitasking im Arbeitsalltag (z. B. gleichzeitige E-Mails, Chats, Arbeit an einem Projekt). Im Home-Office ist dies meist noch stärker ausgeprägt, durch häufigeres Wechseln zwischen persönlichen und Arbeitsaufgaben.
  • „Always-on“-Kultur – die ständige Erreichbarkeit und Telepressure tragen ihren Teil dazu bei, dass wir ununterbrochen neue Benachrichtigungen erhalten und sofort darauf reagieren müssen. Während das einerseits immer eine Unterbrechung der momentanen Tätigkeit bedeutet, kommen andererseits so auch viel mehr Informationen an uns heran.
  • Offene Arbeitsplätze – gerade bei der Arbeit in großen, offenen Räumen, sei es ein Großraumbüro, eine Werkshalle oder Ähnliches, erleben wir eine große Flut an Sinneseindrücken. Hier konkurrieren Umgebungsgeräusche, wie Gespräche, das Klacken von Tastaturen oder Surren von Maschinen, aber auch visuelle Eindrücke sind hier vielfältig und ermüden unser Gehirn langfristig.
  • Soziale Medien – durch permanente Reize, ständig neue Posts und endloses Scrollen entstehen bei der Nutzung von sozialen Medien sogenannte Dopamin-Schleifen. Diese motivieren unsere häufige Nutzung von Social Media, sodass wir schneller von Reizen überflutet werden. Die Geschwindigkeit, in der in den sozialen Medien unterschiedliche Informationen angezeigt und durchgescrollt werden, kann unser Gehirn über kurz oder lang nicht mitgehen, und so stellt sich hier einmal schneller ein Zustand der Überforderung ein.

Reizüberflutung kündigt sich durch subtile, aber typische Signale an. Diese Anzeichen sollte man ernst nehmen, denn sie zeigen, dass unser Gehirn versucht, mit zu vielen Eindrücken gleichzeitig umzugehen. Eine frühzeitige Erkennung dieser Anzeichen hilft uns rechtzeitig gegenzusteuern, bevor sich chronischer Stress durch die dauerhaft überhöhte Belastung entwickelt.

1. Konzentrationsschwierigkeiten – Aufgaben, die einem sonst leichtfallen, ziehen sich endlos, weil unser Gehirn (Arbeitsgedächtnis) nicht mehr ausreichend Kapazität hat, um ankommende Informationen schnell zu verarbeiten.

2. Innere Unruhe – ein schneller Herzschlag, Nervosität und Unruhe, selbst in ruhigen Momenten können ein Anzeichen für Reizüberflutung sein.

3. Reizbarkeit und Überempfindlichkeit – Geräusche, helles Licht oder sogar kleine Fragen von KollegInnen bringen uns aus dem Konzept und lassen uns gereizt reagieren. Wir werden ungeduldiger und unachtsamer.

4. Erschöpfung – selbst wenn wir den Tag größtenteils im Sitzen verbringen, fühlen wir uns abends sehr müde und auch körperlich erschöpft.

5. Abschalten fällt schwer – das Gedankenkarussell läuft abends weiter, sodass wir nur schwer zur Ruhe kommen.

Bleibt ein Zustand der Reizüberflutung dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum bestehen, können die Folgen weitreichend sein. Sie betreffen nicht nur die kognitive Leistungsfähigkeit, sondern auch die körperliche Gesundheit, emotionale Balance und soziale Interaktion.

1. Kognitive Überlastung – das Gehirn springt zwischen Reizen, ohne etwas wirklich tief zu verarbeiten. Das führt dazu, dass Informationen nur oberflächlicher verarbeitet und schlechter gespeichert werden. Wir können uns Dinge nicht mehr so gut merken, da das Arbeitsgedächtnis überfordert ist.

2. Emotionale Erschöpfung – viele Dinge in unserer Umgebung, die wir nicht bewusst wahrnehmen, werden von unserem Gehirn trotzdem verarbeitet. Der Thalamus, auch Tor zum Bewusstsein genannt, filtert dann die ankommende Informationsflut und lässt nur einen Bruchteil davon in unser Bewusstsein kommen. Das ständige Aussortieren von Informationen kostet allerdings viel Energie und lässt uns schneller gereizt und erschöpft fühlen.

3. Produktivitätsverlust – durch die reduzierte Konzentrationsfähigkeit ziehen sich einfache Aufgaben in die Länge und wir brauchen mehr Zeit für dieselbe Arbeit, die Produktivität sinkt.

4. Schlafprobleme – wenn unser Gehirn tagsüber eine große Menge an Informationen verarbeiten muss, dauert es abends oft länger zur Ruhe zu kommen, abzuschalten und einzuschlafen.

5. Zwischenmenschliche Konflikte – durch die ständige Überlastung reagieren wir schneller gereizt auf KollegInnen, Familie oder Freunde, was Konflikte begünstigen oder verstärken kann.

6. Reduzierte Kreativität und Motivation – wenn wir ständig mit Informationsverarbeitung beschäftigt sind, fehlt es an geistigem Freiraum und Klarheit, um kreativ zu werden. Gleichzeitig entsteht ein Gefühl, dass „alles zu viel ist“. Das hat zur Folge, dass wir Aufgaben vor uns herschieben und weniger Motivation für diese aufbringen können. 

Die gute Nachricht: Reizüberflutung ist nicht unvermeidbar. Mit einigen Strategien können wir unser Gehirn entlasten, die Konzentration stärken und wieder mehr Ruhe und Klarheit in den Alltag bringen. Wichtig ist, kleine, konkrete Schritte umzusetzen – viele davon kosten nicht mehr als ein paar Minuten.

1. Monotasking statt Multitasking – konzentriere dich bewusst nur auf eine Aufgabe. Kein Hin und Her. Keinen Podcast nebenher anhören, keine E-Mails zwischendurch. Eine Aufgabe nach der anderen.

2. Digitale Pausen einplanen – schon 5–10 Minuten ohne Bildschirme (z. B. bei einem kurzen Spaziergang) können die Reizüberlastung im Gehirn spürbar reduzieren.

3. Achtsamkeit – einfache Atemübungen oder ein kurzer Moment der Achtsamkeit kann unserem Gehirn helfen, Reize wieder besser zu filtern. Die bewusste Konzentration auf den jetzigen Moment, auf eine Sache, stärkt den Fokus und gibt uns wieder mehr mentale Klarheit. Mehr zum Thema Achtsamkeit kannst du hier lesen.

4. Reizquellen reduzieren – Handybenachrichtigungen ausstellen, Schreibtisch aufräumen, andere Tabs und Apps schließen. Je weniger visuelle und akustische Ablenkung, desto mehr Klarheit im Kopf.

5. Zeitliche Struktur – wenn wir uns eine bestimmte Zeit nehmen, z.B. um E-Mails und Nachrichten zu bearbeiten, können wir bewusst handeln, anstatt dauernd zu reagieren. Das reduziert die ständige Anspannung und schafft wieder mehr Fokus und Klarheit.

6. Micro-Breaks einbauen – kurze Pausen von 1 bis 2 Minuten zwischen verschiedenen Aufgaben helfen unserem Gehirn, Informationen zu sortieren und wieder frisch und einsatzbereit zu sein. Auch wenige Minuten Aufstehen, Dehnen oder Gehen helfen, für mehr Klarheit zu sorgen.

7. Gesunder Schlaf – feste Schlafzeiten und genügend Schlaf sind essenziell, um frisch in den neuen Tag zu starten. Vor allem im Tiefschlaf verarbeitet unser Gehirn über den Tag erlebte Reize und räumt das Gedächtnis auf, sodass wir am Morgen wieder fit und leistungsfähig sind.

Wenn wir Anzeichen also frühzeitig erkennen und bewusst gegensteuern, können wir unser Gehirn entlasten, unsere Leistungsfähigkeit erhalten und langfristig gesünder arbeiten. Ein achtsamer Umgang mit Informationen, gezielte Pausen und die bewusste Reduktion von Reizen sind dabei Schlüssel, um in unserem Informationszeitalter einen klaren Kopf zu bewahren.

A wealth of information means a poverty of attention.

Herbert Simon

Quellen:

  • Becker, L., Kaltenegger, H. C., Nowak, D., Rohleder, N. & Weigl, M. (2022). Differences in stress system (re-)activity between single and dual- or multitasking in healthy adults: A systematic review and meta-analysis. Health Psychology Review, 17(1), 78–103. https://doi.org/10.1080/17437199.2022.2071323
  • Rodriguez, M. G., Gummadi, K. & Schoelkopf, B. (2014). Quantifying information overload in social media and its impact on social contagions. Proceedings of the International AAAI Conference on Web and Social Media, 8(1), 170–179. https://doi.org/10.1609/icwsm.v8i1.14549
  • Westbrook, J. I., Raban, M. Z., Walter, S. R. & Douglas, H. (2018). Task errors by emergency physicians are associated with interruptions, multitasking, fatigue and working memory capacity: A prospective, direct observation study. BMJ Quality & Safety, 27(8), 655–663. https://doi.org/10.1136/bmjqs-2017-007333

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